Die Jakobswege Europas – viele Wege führen ans Ziel


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Wandern ist ein Hobby, das alle Arten von Menschen begeistert. Wenig überraschend bilden gläubige Christen keine Ausnahme. Für sie sind es insbesondere Pilgerwege, die sich einer großen Beliebtheit erfreuen. An dieser Stelle möchten wir den berühmten Jakobsweg nennen. Beim auch als „Camino de Santiago“ bekannten Weg handelt es sich genau genommen nicht um einen Weg, sondern um mehrere Pilgerwege, die alle durch Europa führen und oft das angebliche Grab des Apostels Jakobus zum Ziel haben. Das Grab befindet sich in Santiago de Compostela in der dortigen Kathedrale, die zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Spaniens gehört. Angesichts der großen Anzahl an Jakobswegen möchten wir uns nicht alle davon anschauen. Stattdessen zeigen wir Dir einige der bekanntesten und schönsten.

Camino Francés

Der 830 km lange Camino Francés darf in unserem Überblick über die bekanntesten Wege selbstverständlich nicht fehlen. Es handelt sich schließlich um den mit Abstand beliebtesten Weg unter Wanderern. Er gilt als einsteigerfreundlich, da es nur ein paar Berge gibt und eine gute Infrastruktur mit zahlreichen Herbergen vorliegt. Der Name des Wegs ist übrigens ein wenig irreführend. Zwar beginnt er in Saint-Jean-Pied-de-Port, aber die kleine französische Stadt liegt direkt an der Grenze zu Spanien. Die Etappe durch Frankreich ist damit nicht weiter nennenswert. Woher die Berühmtheit des Camino Francés kommt? Nun ja, er ist einer der wenigen Wege, der von vielen weltbekannten Schriftstellern wie Paulo Coelho beschrieben wurde. Selbst in Filmen geht es meistens um den Camino Francés. Das einzige Problem an diesem Jakobsweg ist, dass Du gerade im Hochsommer mit einem regelrechten Ansturm an Pilgern rechnen musst. Das kann die Suche nach einer passenden und günstigen Unterkunft erschweren.

Caminho Português

Wenig überraschend führt der Großteil der Jakobswege fast ausschließlich durch Spanien. Es gibt allerdings auch ganz andere Wege und nicht alle davon müssen zwangsweise länger als bekannte Wege wie der Camino Francés sein. Der portugiesische Jakobsweg ist der beste Beweis dafür, denn mit gerade einmal 240 Kilometern ist er nicht allzu lang. Selbst ältere Menschen können den Weg innerhalb von zwei Wochen ohne große Mühe bewältigen. Der Weg ist vorwiegend flach und hat viele Etappen entlang des Meeres. Zudem beginnt er in Porto, womit Pilger gleich zu Beginn eine der schönsten Städte Portugals erleben können. Gerade das historische Zentrum hat einige tolle Sehenswürdigkeiten zu bieten, darunter die Kathedrale Sé do Porto.

Camino del Norte

In Nordspanien befindet sich der Camino del Norte. Der Küstenweg ist mit einer Länge von 835 km in etwa gleich lang wie der Camino Francés. Er beginnt jedoch nicht in Frankreich, sondern in Irun. Wie Saint-Jean-Pied-de-Port befindet sich Irun direkt an der Grenze. Da der Weg unter anderem durch Bilbao, San Sebastian und Santander führt, kannst Du währenddessen einige schöne Sehenswürdigkeiten besuchen. Vor allem Bilbao ist ein echter Geheimtipp, da dort das weltberühmte Guggenheim Museum liegt. Der Jakobsweg mag vielleicht nicht der schwerste sein, aber er gehört unumstritten zu den anspruchsvolleren. Vor allem der erste und der letzte Abschnitt sind aufgrund des Höhenprofils eine echte Herausforderung. Über Unterkünfte musst Du Dir hingegen keine Sorgen machen. Aufgrund der guten Infrastruktur wirst Du immer leicht eine Bleibe finden. Spontanität ist vollkommen in Ordnung.

Camino Inglés

Du planst keinen längeren Wanderurlaub, sondern möchtest nur einige Tage oder höchstens eine Woche unterwegs sein? In diesem Fall legen wir Dir den Camino Inglés nahe. Mit gerade einmal 120 km über fünf Etappen handelt es sich um einen der kürzesten Jakobswege überhaupt. Selbsterklärend, dass der englische Jakobsweg trotz seines Namens nicht in England startet. Stattdessen geht es in Ferrol los. Trotz seiner Länge steht der Camino Inglés den anderen Jakobswegen in nichts nach. Er bietet eine abwechslungsreiche Landschaft mit günstigen Unterkünften. Sparfüchse sollten sich an die Herbergen in der Umgebung halten.

Camino Primitivo

Das Wort „primitivo“ hat nichts mit primitiv zu tun, sondern bedeutet ursprünglich. Damit ist die Bezeichnung mehr als treffend, denn dieser Jakobsweg ist der, den abertausende Pilger in der Vergangenheit bewältigt haben. Mit einer Länge von gerade einmal 250 km scheint er nicht allzu schwer zu sein. Doch lass nicht davon nicht täuschen, denn es handelt sich wahrscheinlich um den härtesten aller Jakobswege. Der Grund dafür ist das harte Höhenprofil, denn es geht eigentlich ständig bergauf und bergab. Obwohl der Camino Primitivo der ursprüngliche Jakobsweg ist, kennen überraschend wenige Pilger die Route. Das ist schade, denn trotz seiner Härte hat dieser Jakobsweg eine Menge zu bieten. Vor allem die tollen Panoramausblicke sind die Herausforderung wert.

Via de la Plata

Zugegebenermaßen sind der Camino Francés und der Camino del Norte ziemlich lang. Es gibt aber noch einen deutlich längeren Jakobsweg, der ebenfalls (fast) ausschließlich durch Spanien führt: Via de la Plata. Mit stolzen 1.000 km ist die Via de la Plata oder Silberstraße so lang, dass manche Pilger fast zwei Monate brauchen. Bei gutem Tempo geht es aber auch deutlich schneller, da das Wegprofil nicht allzu anspruchsvoll ist. Die Etappen sind zwar sehr lang, aber dafür überwiegend flach. Überraschenderweise ist dieser Jakobsweg nicht allzu bekannt. Du wirst auf Deinem Weg voraussichtlich nur wenige andere Pilger treffen. Da die Via de la Plata sehr südlich ist, eignet sich der Pilgerweg auch gut zum Wandern im Winter. Dafür kann es im Sommer richtig heiß werden. Temperaturen von um die 40 Grad sind keine Seltenheit. Du solltest daher immer viel Wasser mitnehmen.

Camino del Salvador

Streng genommen ist der Camino del Salvador kein Jakobsweg, da er nicht nach Santiago de Compostela führt. Stattdessen handelt es sich um einen Verbindungsweg zwischen dem Camino Francés und dem Camino Primitivo. Dieser Weg bietet sich an, wenn Du während Deiner Pilgerreise einen kurzen Abstecher zur berühmten Kathedrale von Oviedo machen möchtest. Die Kathedrale ist ein Wahrzeichen der spanischen Gotik und hat viele heilige Relikte. Allerding solltest Du den Weg am besten nicht alleine bestreiten. Er mag zwar nur 120 km lang sein, aber er ist sehr einsam und führt durch das Gebirge. Aus Sicherheitsgründen ist es daher besser, immer jemanden an seiner Seite zu haben.

Camino Finisterre

Wie der Camino del Salvador ist der Camino Finisterre kein Jakobsweg per se. Vielmehr handelt es sich um eine Verlängerung für all die Pilger, die noch Wanderlust haben und einige Kilometer mehr schaffen. Wenn wir es ganz genau nehmen, sind es immerhin noch 96 km, die von Santiago de Compostela aus bewältigt werden müssen. Und wohin führt der Camino Finisterre? Wie es der Name bereits verrät, geht es nach Finisterre, was übersetzt so viel wie das Ende der Welt bedeutet. Heute wissen wir natürlich, dass der westlichste Punkt Europas keineswegs das Ende der Welt ist. Das Highlight dieses Jakobsweg ist das Kap Finisterre. Am Leuchtturm erwartet Dich eine traumhafte Aussicht auf das Meer.

Camino de Madrid

Bei den meisten Jakobswegen in Spanien hast Du einen offiziellen Startpunkt. Ganz anders ist es beim Camino de Madrid. Du kannst Dir prinzipiell jeden Ort in Madrid aussuchen und von dort aus Deine Wanderung beginnen. Einer der besten Startpunkte ist aber unumstritten die Iglesia de Santiago im historischen Kern der Hauptstadt. Mit einer Länge von etwa 600 km sowie leichten und schweren Etappen ist der Weg eine gute Alternative für all diejenigen, die sich nicht zwischen einem besonders kurzen oder langen Weg entscheiden können. Der Camino de Madrid ist gut beschildert, sodass Du Dich leicht zurechtfinden solltest. Halte Dich einfach an die gelben Pfeile und Jakobsmuscheln. Auf Deinem Weg wirst Du immer wieder auf Unterkünfte treffen. Die meisten davon bieten neben günstigen Übernachtungen auch warme Speisen aus der Region an.

Camino de Levante

Der Camino de Levante beginnt in Valencia und endet, wie es für die meisten Jakobswege üblich ist, in Santiago de Compostela. Da ihn nur etwa ein Prozent der Pilger nutzen, gehört er nicht gerade zu den bekannten Wegen. Wir finden das schade, denn an sich kann der Camino de Levante mit den anderen Jakobswegen mithalten. Zumindest dann, wenn Du Dir einen besonders langen Weg vorstellen kannst. Der Camino de Levante ist mit seinen rund 1.200 km sogar noch länger als die Via de la Plata. Damit ist er unseres Wissens nach sogar der längste Jakobsweg in Europa. Infolgedessen kannst Du Dir sicher sein, dass Du während Deiner Wanderung viele historische Orte sehen wirst. Das einzige Problem ist die teilweise schlecht ausgebaute Infrastruktur. Damit Du am Ende nicht auf dem Feld übernachtest, solltest Du alle Unterkünfte im Voraus planen.

Via Podiensis

Dieser historische Jakobsweg führt durch Frankreich, aber ist keineswegs einer der längsten. Tatsächlich ist er mit seinen 755 km sogar kürzer als der Camino Francés. Die Via Podiensis führt allerdings nicht nach Santiago de Compostela, sondern nach Saint-Jean-Pied-de-Port in den Pyrenäen, wo der Camino Francés beginnt. Er ist damit perfekt für all die Wanderer, die wirklich mehrere Monate lang unterwegs sein möchten. Der Startpunkt ist übrigens einer der schönsten, denn die zentralfranzösische Region Auvergne mit ihren grünen Hochebenen und Wiesen ist wahrlich ein malerischer Ort. Auf Deiner Reise wirst Du sogar auf wilde Schluchten mit tosenden Flüssen treffen. Es wird also ganz schön abenteuerlich.

Via Tolosana

Wenn Du während Deiner Wanderung nicht ständig auf andere Pilger treffen und in aller Ruhe die Schönheit Frankreichs erleben möchtest, ist die Via Tolosana eine gute Alternative zur Via Podiensis. Der südlichste Jakobsweg in Frankreich ist 780 km lang und führt von der Stadt Arles nach Col du Somport in den Pyrenäen. Von dort aus kannst Du ebenfalls nach Saint-Jean-Pied-de-Port pilgern, um den Camino Francés in Angriff zu nehmen. Auf der Via Tolosana gibt viele abwechslungsreiche Landschaftsbilder und historische Bauwerke. Die verschiedenen Etappen sind aufgrund der ständigen Steigungen ziemlich hart. Damit ist dieser Jakobsweg eher für erfahrene Pilger geeignet. Solltest Du dazugehören, nimm Dir während Deiner Wanderung auf jeden Fall Zeit für einen Stadtbummel durch Montpellier. Die charmante Altstadt ist der Inbegriff der französischen Lebensart. Hier kannst Du die Genüsse der französischen Küche in vollen Zügen genießen.

Via Lemovicensis

Mit rund 1.000 km gehört die Via Lemovicensis zu den mit Abstand längsten Jakobswegen Frankreichs. Das sollte Dich aber auf keinen Fall abschrecken, denn bereits zu Beginn Deiner Reise wirst Du mit einem Highlight belohnt. Direkt beim Startpunkt Vézelay im Herzen Frankreichs befindet sich die Basilika Sainte-Madeleine. Dabei handelt es sich nicht um irgendein historisches Gebäude, sondern um einen Tel des Weltkulturerbes. Statte der Basilika also unbedingt einen Besuch ab, bevor Du Dich nach Saint-Jean-Pied-de-Port aufmachst. Die Strecke ist übrigens nicht allzu schwer. Mit gutem Schuhwerk solltest Du leicht vorankommen.

Via Turonensis

Wirklich kurze Jakobswege gibt es in Frankreich irgendwie nicht. Selbst die Via Turonensis ist mit ihren 885 km nichts, was sich mal kurz in zwei oder drei Tagen bewältigen lässt. Dafür ist die Strecke immerhin größtenteils flach. Du wirst also nicht annähernd so kämpfen müssen wie beim Camino Primitivo. Die Via Turonensis war ursprünglich eine königliche Handelsstraße. Das ist heutzutage zwar nicht mehr der Fall, aber schöne Sehenswürdigkeiten gibt es wahrlich mehr als genug. Der Startpunkt ist der Turm Saint-Jacques in Paris.

Via Scandinavica

Nicht alle Jakobswege müssen in Frankreich oder Spanien anfangen. Selbst das Ziel Santiago de Compostela ist nicht vorgeschrieben, um den Namen des Apostels Jakobus tragen zu dürfen. Das zeigt die Via Scandinavica in Deutschland. Sie ist rund 650 km lang und beginnt in Puttgarden auf der Insel Fehmarn. Während Deiner Wanderung durchquerst Du insgesamt vier Bundesländer. Von Schleswig-Holstein geht es nach Niedersachsen und anschließend über Hessen nach Thüringen. Die Reise führt bis nach Eisenach, wo Du gerne weiterpilgern kannst. Wenn Du günstige Übernachtungsmöglichkeiten suchst, empfehlen wir die Jugendherbergen. Zudem hast Du an manchen Orten die Möglichkeit, in den Gemeindehäusern der Kirchen zu übernachten. Frag am besten einfach mal nach.

Via Imperii

Übersetzt bedeutet Via Imperii Reichsstraße. Das liegt daran, dass sie früher eine Fernhandelsstraße von Stettin nach Rom war. Die heutige Via Imperii ist aber nicht ganz so lang. Sie führt lediglich von Stettin bis nach Hof, was gerade einmal um die 210 km sind. Wenn Du einen kurzen und schönen Jakobsweg suchst, kannst Du mit der Via Imperii nichts falsch machen. Gerade als Naturliebhaber dürftest Du auf Deine Kosten kommen. Die Etappen führen unter anderem durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin sowie die Nationalparks Barnim und Unteres Odertal.

Bildnachweis: Von Jon Tyson [Lizenz] via Unsplash


Dieser Artikel ist im Ressort Wanderziele erschienen.
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