Gerade hatte der erst 22jährige Johann Wolfgang Goethe (das „von“ gab’s erst später) seinen Götz von Berlichingen beendet, der als erstes Dokument der literarischen Epoche des Sturm und Drang gilt, da schickte ihn sein Vater nach Wetzlar, auf dass er sich am Reichskammergericht wieder einmal mit der Rechtsprechung befasse.
Wie schon zuvor bei seinem Studium in Leipzig (Stichwort: Auerbachs Keller), so zog es den jungen Rechtsgelehrten nach fehlgeschlagener Dissertation auch in Wetzlar nicht so sehr in den Gerichtssaal, als in die fröhliche Welt. Schnell verdrahtet mit der hohen Gesellschaft wurde er im Juni 1772 aufgefordert, eine junge Dame zu einem Ball ins Jagdschloss nach Volpertshausen im Hüttenberger Land zu begleiten.
Die Dame – Charlotte Buff – faszinierte den jungen Goethe und als er nach (wahrscheinlich) unerhörter Liebe im Oktober 1772 Wetzlar verließ, schrieb er sich in nur vier Wochen seine emotionalen Erlebnisse in Form eines Briefromans von der Seele: Die Leider des jungen Werthers.
Mit diesem 1774 veröffentlichen Werk wurde Goethe zum Europäischen Superstar der Literatur und zum Begründer der Geniezeit. Die gebildete Jugend eiferte dem Werther nach, gelbe Hose und blaue Jacke galten als Uniform der Wissenden, zahlreiche Nachfolgewerke – so genannte Wertheriaden – entstanden und noch heute wird in der Psychologie vom Werther-Effekt gesprochen, wenn auf die mediale Darstellung eines Suizid zahlreiche Folgetäter Hand an sich legen.
Man kann also mit einigen guten Argumenten behaupten, dass in Wetzlar das Herz der Romantik liegt, dass hier der Liebesroman erfunden wurde und dass die Welt ihre erste Ikone einer internationalen Popkultur Wetzlar zu verdanken hat.
Zum Grundmotiv der unglücklichen Liebe, die mit dem selbstgewählten Freitod aufgelöst wird, wurde Goethe durch den Freitod eines alten Bekannten inspiriert: Karl Wilhelm Jerusalem. Jerusalem war während Goethes Wetzlar-Zeit als braunschweigischer Legationssekretär am Reichskammergericht tätig. Die beiden kannten sich bereits aus der Studienzeit in Leipzig. Der bürgerliche Jerusalem hatte jedoch keine schöne Zeit in Wetzlar.
Gesellschaftliche Verachtung erlangte er durch Streitereien mit seinen Vorgesetzten, Rücksetzungen des Adels auf Grund seiner bürgerlichen Herkunft und durch eine unglückliche Liebe zu einer verheirateten Frau. So beging er am 29. Oktober 1772 in seiner Wohnung Selbstmord und erlag am nächsten Tag seiner Schussverletzung. Diese Geschichte, im Zusammenhang mit Goethes eigenen Erfahrungen hinsichtlich der unerwiderten Liebe zu Charlotte Buff diente Goethe dann zwei Jahre später als Grundlage für die Romanfigur Werthers.
Der Suizid fand in der von Jerusalem angemieteten möblierten Wohnung im zweiten Stock eines prächtigen Fachwerkbaus am Schillerplatz in Wetzlar statt. Das Haus hatte der Buchdrucker Georg Ernst Winckler gekauft, der 1694 von Herborn nach Wetzlar kam, um Druckaufträge für das Reichskammergericht zu erledigen. Winckler erwarb das Gebäude als Wohnhaus und richtete in einem weiteren, an den Hinterhof grenzenden Haus die erste Druckerei in Wetzlar ein.
Das Gedenkzimmer im heute Jerusalemhaus genannten Wohnhaus zeigt neben bürgerlichem Mobiliar des 18. Jahrhunderts grafische Bildnisse, Landkarten und Druckschriften mit zeitlichem und persönlichem Bezug zu Karl Wilhelm Jerusalem. Neben der literarischen Memorialstätte befindet sich im Jerusalemhaus die Museumsverwaltung sowie die von der Wetzlarer Goethe-Gesellschaft verwaltete Goethe-Werther-Bücherei.
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