Die Altstadt der früheren Reichsstadt Wetzlar ist weitestgehend noch sehr gut erhalten und bietet neben dem Wahrzeichen der Stadt - dem Wetzlarer Dom - und zahlreichen Museen viele weitere historische Bauten, Fachwerkhäuser und barocke Häuser aus der Blütezeit, als Wetzlar Reichsstadt war.
Die alte Kernstadt hebt sich baulich deutlich vom Rest des ansonsten industriell geprägten Wetzlar ab. Einst von einer Stadtmauer mit acht Türmen umschlossen, zieht sich der alte Kern von Wetzlar über den Domhügel hinunter zum Mühlgraben und der Lahn mit der über 700 Jahre alten Lahnbrücke im Westen der Altstadt. Die siebenbogige Brücke wurde erstmals 1288 erwähnt und gilt damit zu den ältesten erhalten Steinbrücken in Hessen. Sie war Teil der mittelalterlichen Handelsroute von Frankfurt am Main nach Köln am Rhein.
Direkt an der alten Lahnbrücke liegt die Hospitalkirche zum heiligen Geist, die 1755-64 nach Entwürfen von Johann Ludwig Splittdorff als Rokoko-Kirche errichtet wurde. Sie verfügt über einen sehenswerten Aufbau von Kanzel, Orgel über dem Altar und dreiseitigen Emporen. Das Hospital, das hier früher gestanden hat und dem die evangelische Kirchde ihren Namen verdankt, wurde bereits im 13. Jahrhundert erwähnt. In direkter Nachbarschaft befindet sich das alte Rathaus von Bicken, das 1978 dem Bau einer Bundesstraße weichen musste und dann in Wetzlar wieder aufgebaut wurde.
Mittelpunkt der Altstadt und gleichzeitig Wahrzeichen Wetzlars ist der Wetzlarer Dom. Seit der Reformation in Wetzlar sowohl von der katholischen als auch der evangelischen Gemeinde genutzt, gibt es kein anderes Gebäude, das die Geschichte in Wetzlar so sichtbar macht. Manche mögen das Erscheinungsbild des Doms als uneinheitlich betrachten, doch für Kenner und Interessierte sind die unterschiedlichen im Bauwerk vereinigten Stile einzigartig und laden zum Entdecken ein.
Direkt vor dem Dom am Domplatz befindet sich eine sehenswerte historische Häuserfront. Am rechten Rand steht mit Hausnummer 8 das alte Rathaus von Wetzlar, das 1790 erbaut wurde und bis 1911 als Amtssitz des Bürgermeister diente. Heute ist das alte Rathaus Sitz der Tourist-Information. Zuvor stand an gleicher Stelle eine Zollstelle aus dem 14. Jahrhundert, in dem jeder Kaufmann seine Waren wiegen lassen musste. Daran erinnert heute das am Eingang der Tourist-Information aufgestellte Modell der Wetzlarer Elle, die einer Länge von 57,6cm entsprach.
Bevor Wetzlar das „alte“ Rathaus errichtete, residierte der Rat am Fischmarkt, der sich direkt an den Domplatz anschließt. Das im 14. Jahrhundert errichtete Rathaus wurde 1693 Sitz des Reichskammergerichts, eine Art Bundesgerichtshof des Heiligen Römischen Reichs. Bis 1756 wurden hier die höchsten Urteile gefällt, dann zog das Gericht um und das alte Haus am Fischmarkt diente als Kanzlei. Vis-a-vis zum früheren Reichskammergericht liegt die 1703 gegründete Haupt-Apotheke mit schmucker historischer Einrichtung.
Am Fischmarkt mündet die kleine Gasse Brodschirm, die vom Eisenmarkt hinauf führt. Am Brodschirm liegt nicht nur das älteste Fachwerkhaus von Wetzlar, ein 1356 errichteter dreistöckiger Wandständerbau. Hier findet sich auch das Bebel-Haus. August Bebel, einer der Gründer der SPD und deren Vorsitzender von 1892-1913, verbrachte seine Jugend- und Lehrjahre in Wetzlar. Später ging er nach Sachsen, wo er Wilhelm Liebknecht kennenlernte. Auf deren Initiative gründete sich 1869 die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands (SDAP), die später in die SPD aufging. Bebel war die integrierende Figur und äußerst populär, was ihm im Volk den respektvoll gemeinten Titel „Arbeiterkaiser“ eintrug.
Vom Eisenmarkt führt die Schillerstraße zum Schillerplatz. Hier erhebt sich die um 1300 erbaute Franziskanerkirche, die auch untere Stadtkirche genannt wird. Der gotische Chor wird noch für Gottesdienste genutzt. Das Langhaus der Kirche ist profaniert. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegt das Jerusalemhaus. Hier erschoss sich der „echte“ Werther, Karl Wilhelm Jerusalem. Der aus Liebeskummer gewählte Freitod Jerusalems inspirierte Goethe wohl zum Plot seines Werthers.
Vom Schillerplatz kommt man in die Kornblumengasse und stößt auf das prächtige Palais Papius. 1740 als Wohnhaus errichtet, wird es heute als Museum genutzt. Es wird dort Europäische Wohnkultur aus Renaissance und Barock gezeigt. Den Grundstock der Sammlung trug Irmgard von Lemmers-Danforth zusammen. Gegenüber befindet sich das Reichskammergerichtsmuseum, dass die umfangreiche Geschichte des höchsten Gerichts zur Zeit des Heiligen Römischen Reiches präsentiert.
Durch die Avignonanlage – einem Teil der um die Altstadt verlaufenden Parkanlagen – kommt man zum Säuturm, der im Mittelalter noch etwas vornehmer Schneiderturm hieß. Er ist der einzig noch erhaltene Turm der Stadtmauer. Er diente früher weniger der Verteidigung, als der Unterbringung landwirtschaftlicher Geräten und Vieh. Hinter dem Turm hat man einen wunderschönen Blick zur Burgruine Kalsmunt und hinab ins Lahntal.
Linker Hand durch die Obertorstraße kommt man zum Kornmarkt mit einem schönen Brunnen und Fachwerkhäusern aus dem 17. Jahrhundert. Vom Kornmarkt sind es jetzt nur wenige Meter bis zum ehemaligen Deutschordenshof. Hier arbeitete ab 1740 Heinrich-Adam Buff als Verwalter des Deutschherren-Ordens. 1753 wurde seine Tochter Charlotte geboren, die Goethe dann am 9. Juni 1792 zu einem Ball nach Volpertshausen abholte, ihrem Charme verfiel und im Kontext des Freitods von Karl Wilhelm Jerusalem zum Hauptwerk des Sturm und Drang verarbeitete: Die romantischen „Leiden des jungen Werthers“. Der Deutschordenshof ist heute ein Museumskomplex, der neben dem Lottehaus auch das Stadt- und Industriemuseum und das Viseum beherbergt.
Nach dem historischen Rundgang durch Wetzlar erreicht man wieder den Domplatz und kommt vorbei an der 1861 errichteten Hauptwache des 8. Rheinischen Jägerbataillons. Unterhalb der Hauptwache hatte der junge Goethe im Gasthaus Zum Kronprinzen seinen Mittagstisch. Mit anderen emsigen Juristen gehörte er hier einer Rittertafel an und trug stolz den Namen Götz, der Redliche.
Verlässt man den Altstadtkern von Wetzlar nach Süden, kommt man in der Turmstraße zu der 1987 gegründeten Phantastischen Bibliothek Wetzlar, die weltweit größte öffentlich zugängliche Büchersammlung zu Science Fiction, Fantasy und mystischer Literatur. 196.000 Bände nennt die Phantastische Bibliothek ihr eigen und besonders fantastisch ist, dass man die Werke für bis zu vier Wochen kostenfrei ausleihen kann.
Südlich der Altstadt liegt die Brühlsbacher Warte, ein Aussichtsturm, der im Volksmund als Bleistift bezeichnet wird. Die Brühlsbacher Warte wurde im 14. Jahrhundert als Wachturm erbaut und sicherte wie die Garbenheimer Warte die Freie Reichsstadt Wetzlar und den Handelsweg von Köln am Rhein nach Frankfurt am Main. 1391 wurde der Turm durch eine Fehde von Graf Eberhard von Katzenelnbogen zerstört und erst 1912 als Aussichtsturm wiederhergestellt. Heute ist die Brühlsbacher Warte Teil der Vier-Türme-Wanderung, einer beliebten Wanderroute im Wetzlarer Taunus.
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